Es wird mal wieder Zeit ein paar Zeilen zu verfassen - aus aktuellem Anlass und der noch in mir „pochenden Wut“.
Das Thema Erziehung, Gewalt (physisch und psychisch) und der weitverbreiteten verkorksten Ansicht über vieles mit Kindern und die Ansicht - "Kinder müssen erzogen werden, sonst sind sie kleine Tyrannen und von Grund auf schlecht."
Auch auf die Gefahr hin, dass ich viel Gegenwind gegen mich lostrete, muss es raus.
Ich schäme mich, ja ich schäme mich in einer solchen kalten grausamen Welt zu leben in der Schlaftrainings für Babys und Kleinkinder wie Sand am Meer aus dem Boden gestampft werden. Ich schäme mich für die Menschen, die es unnormal finden Kleinkinder (alle über 12 Monate) zu stillen, ich schäme mich für die Menschen die Kinder unter gewaltsamen Methoden zum Essen, Zähne putzen, Windeln wechseln, etc. bringen und zwingen. Ich schäme mich für Menschen die eine gewaltorientierte Sprache mit ihren Kindern nutzen, weil sie der Meinung sind, die Zwerge sind ihnen unterlegen und müssten all diesen kalten Schrott der Welt lernen.
Ich bin erschrocken und auch ja sauer über die Art und Weise, wie manche ihre Kinder erziehen und wie tatsächlich Leute auch in Diskussionen über Kinder denken. Ich empfinde ein unglaublich großes Schamgefühl, Wut aber auch tatsächlich ganz viel Mitgefühl in mir für diese armen Menschen, denn so wie sie mit Kindern umgehen, ja so grausam gehen sie auch mit sich selbst um - deswegen sollen es die Kinder so lernen.
Den Satz „Uns hat es doch auch nicht geschadet“ - über den kann ich nur lachen und eigentlich am liebsten laut losheulen. WARUM - weil es uns allen doch gewaltig geschadet hat. Ich habe die genauen Zahlen nicht mehr im Kopf, aber stolpere ständig darüber, psychische Krankheiten wie Depressionen, Burnout, Süchte, Narzissmus etc. waren noch nie so präsent wie heutzutage - warum, weil die Art und Weise der Erziehung (und nein damit spreche ich nie von allem in der Erziehung - aber von vielen grundlegenden Dingen die dem Selbstwertgefühl helfen oder nicht helfen und Selbstvertrauen aufbauen oder eben nicht aufbauen) wie sie viele von uns erlebt haben. Die Entwicklungspsychologie ist so viel weiter als noch vor einigen Jahren und wir wissen zu 99 % das die meisten Probleme wirklich in unserer Kindheit liegen und dem Verhalten, welches wir unbewusst leben, weil es uns so beigebracht wurde - damit möchte ich nicht unseren Eltern die Schuld geben, sie haben das meiste vermutlich nach bestem Wissen und Gewissen getan und weitergegeben, was sie gelernt haben - aber es ist ein anderes Zeitalter - wir können Dinge hinterfragen.
Was NIEMALS heißen soll, dass keiner von uns eine schöne Kindheit hatte - absolut nicht, es gibt immer tolle Dinge an die man sich erinnert, aber es gibt Alltagsmomente, Sprache etc. die haben etwas mit uns gemacht - die eben doch geschadet hat und das nicht nur ein bisschen, das kann man unheimlich gut am Umgang der Menschen miteinander beobachten. Großes Stichwort - ich zähle mich mit ein, da ich es gerade in Diskussionen mit Marcus immer wieder beobachten kann - RESPEKT, WERTSCHÄTZUNG und Dankbarkeit ist oftmals kein selbstverständlicher Begleiter unseres Alltags - schnell fährt man aus der Haut, gibt anderen die Schuld an Situationen und wird unfair, anstatt bei sich zu bleiben und einen liebevollen Ton miteinander zu behalten.
WIESO gibt es noch sooooo viele Menschen, die sich das Recht herausnehmen, den Willen von Kindern gewaltsam zu brechen? Ich frage mich ob es ihnen nicht bewusst ist, was das mit den Kleinen macht? Bzw. hat man nicht mehr im Kopf wie grausam sich manche Dinge angefühlt haben. Wenn einem mal wieder negative Dinge an den Kopf geworfen wurden, man etwas machen MUSSTE, obwohl man es absolut nicht wollte, man beschimpft wurde oder die Bedürfnisse einfach komplett ignoriert wurden - man Sätze gesagt bekommen hat wie „ich habe es dir gleich gesagt“, „na siehst du, das hast du jetzt davon.“ „das kannst du eh nicht.“ „das darfst du nicht.“ „das brauchst du nicht“ „wenn du dies und jenes nicht machst ist Mama sauer oder traurig.“, wie man ganz alleine traurig war und vor lauter Verzweiflung nicht mehr weiter wusste und die einzige Erklärung dafür war - "Ich bin falsch!" -
KINDER GLAUBEN DEN SCHEIß den sie erzählt bekommen und noch schlimmer, in den Momenten können sie sich selbst nicht leiden - weil sie sich falsch fühlen - Selbstwert und Selbstvertrauen werden nach permanenten Wiederholungen dieser "Sprache - Körpersprache - Willen brechen" … jedes Mal minimiert, bis am Ende unsere Gesellschaft dabei raus kommt!!!!
Unsere Gesellschaft (damit spreche ich natürlich auch nicht von allen und auch nie vom kompletten Charakter eines Menschen!!!) hat doch im Großen und Ganzen vor nichts mehr Respekt, weder vor anderen Menschen, noch vor Tieren, noch vor der Natur und schon 10 x nicht vor sich selbst - deshalb kann man ja nicht mal sauer sein, dass man so mit den Kindern umgeht.
ABER, jetzt das ganz ganz große ABER, wir befinden uns in einem Zeitalter, in dem man unglaublich viele Möglichkeiten hat diese Grausamkeiten aufzuarbeiten, zu hinterfragen, zu reflektieren, an sich selbst zu arbeiten, Informationen zusammenzusammeln (Bücher, Blogs, Instagram, Internetrecherche...), diese abzuspeichern und nach und nach in das Leben einzubauen - man kann sich mit Übung auf die Höhe der Kleinen begeben und alles aus ihren Augen sehen - so müssen nicht auch unsere Kinder unter dieser gewaltvollen Methoden groß werden und permanent das Gefühl vermittelt bekommen „ICH BIN NICHT GUT WIE ICH BIN“.
Bitte, bitte hört auf euren Bauch und nicht auf das, was euch eure Umwelt manchmal vermitteln möchte, wie es in der Gesellschaft als „RICHTIG“ angesehen wird. Seid emphatisch zu euren Kindern, begleitet sie durch die ganze Gefühlspalette, auch wenn das unglaublich (ich spreche absolut aus Erfahrung) unglaublich herausfordernd, kräftezehrend und anstrengend ist. Aber so viel sollte man sich selbst und vor allem so viel sollten unsere Kinder uns wert sein, ihnen eine sowohl physisch als auch psychisch gewaltfreie Kindheit zu ermöglichen. Und auch wenn es schwer ist zu akzeptieren und zu sehen, ja selbst so kleine Sätze wie „stell dich nicht so an!“, „das hast du jetzt davon.“ "alles nicht so schlimm." … sind psychische Gewalt - sie untergraben das natürliche Gefühl der Kinder und generell aller Menschen und sprechen zwischen den Zeilen „Du bist nicht gut“.
Deswegen sollten wir alle in uns, unsere Giraffe wiederfinden (Giraffen sind bekannt für ihr großes Herz, sie haben kaum natürliche Feinde, sie sind friedvolle Tiere und stehen symbolisch für gewaltfreie Kommunikation - Definition findet ihr bei Susanne Lorenz https://wirksam-kommunizieren.de/artikel-3-von-7-vier-schritten-vom-wolf-zur-giraffe/).
Wir sollten alle wieder lernen Verantwortung für unser Handeln zu übernehmen. Jedes Mal wenn wir sauer, genervt oder sonst was sind und verletzende Dinge zu anderen sagen, dann haben wir eigentlich ein eigenes Problem (ich spreche aus Erfahrung, es ist manchmal alles andere als leicht das zu akzeptieren - bei Paul kann ich das mittlerweile sehr gut, bei Marcus zum Beispiel fällt es mir noch sehr schwer einzugestehen, dass das ursprüngliche Problem einer fiesen Auseinandersetzung bei mir und meiner unerfüllten Bedürfnisse und Gefühle die er in mir aktiviert hat, ist). Nie, wirklich NIE hat eine haarsträubende Situation mit deinem Gegenüber zu tun, sondern mit dem was es in dir auslöst - welche Knöpfe werden bei dir gedrückt - Wut, Angst, Scham, unerfüllte Bedürfnisse der Ruhe, Fürsorge, Liebe, Wertschätzung … Wenn man das verstanden hat, dann kann man mit der gewaltfreien liebevollen Erziehung bzw. Beziehung beginnen - und nein ich mache das auch nicht ansatzweise perfekt - aber ich lerne jeden Tag, wenn ich Fehler mache (vor allem bei Paul - sehe ich sie ein, übernehme die Verantwortung, erkläre ihm meine Gefühle - natürlich in kindgerechter Sprache - und entschuldige mich!) DARUM geht es!!!
VERANTWORTUNG FÜR DIE EIGENEN HANDLUNGEN ÜBERNEHMEN und sie durch Selbstreflexion verbessern!!!
Sollten euch noch mehr Informationen zum Thema interessieren, folgende Bücher kann ich empfehlen
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Bedürfnisorientierte Erziehung:
Alles von Jesper Juul - er ist mit Grundpfeiler dieser wundervollen bedürfnisorientierten Erziehung - z.B. Aggression: Warum sie für uns und unsere Kinder notwendig ist
Alfie Kohn - Liebe und Eigenständigkeit
Alles von Katia Saalfrank - z.B. - Was unsere Kinder brauchen: 7 Werte für eine gelingende Eltern-Kind-Beziehung
Danielle Graf - Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten, treibt mich in den Wahnsinn
Thema Schlaf:
Nora Imlau & Herbert Renz Polster - Schlaf gut Baby
Sibylle Lüpold - Ich will bei euch schlafen
Gefühlststärke bei Kindern:
Alles von Nora Imlau - z.B. So viel Freude, so viel Wut
Mary Sheedy Kurcinka - Wie anstrengende Kinder zu großartigen Erwachsenen werden: Der Erziehungsratgeber für besonders geforderte Eltern
Gewaltfreie Kommunikation:
Yvonne George - Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern
Daniela Gaigg und Linda Syllaba - Die Schimpfdiät
Nicola Schmidt - Erziehen ohne Schimpfen: Alltagsstrategien für eine artgerechte Erziehung
Petra Krantz-Lindgren - Wenn du mit mir schimpfst, kann ich mich nicht leiden, Mama: Wie Sie das Selbstwertgefühl Ihres Kindes stärken
Jeannine Mik und Sandra Teml-Jetter: Mama, nicht schreien!: Liebevoll bleiben bei Stress, Wut und starken Gefühlen. - Mit zahlreichen Übungen und Notfallhilfe
Entwicklungspsychologie:
Alles von Herbert Renz-Polster - z.B. Kinder verstehen - Born to be wild
Sonstiges:
Nicola Schmidt - artgerecht - Das andere Baby-Buch: Natürliche Bedürfnisse stillen. Gesunde Entwicklung fördern. Naturnah erziehen
Nicola Schmidt - artgerecht - Das andere Kleinkinderbuch: Gefühle liebevoll begleiten - Entwicklungsschritte verstehen - Mit Kindern wachsen. Von 2 bis 6 Jahren.
Stefanie Stahl und Julia Tomuschat - Nestwärme, die Flügel verleiht: Halt geben und Freiheit schenken - wie wir erziehen, ohne zu erziehen
Innere Kind Heilung:
Im nächsten Post verlinke ich euch Instagram Accounts :-)