... und dann kamst du


…und es wurde Zeit meine eigene Lebensgeschichte zu ändern. Meine Kindheit, Jugend, Gedanken, Gefühle, Glaubenssätze und Werte zu hinterfragen, aufzuarbeiten und zu ändern.

 

Man hört es oft und kann es sich meist zwar vorstellen, aber doch nicht verstehen. Ein Kind verändert alles.

Paul ist mit Abstand das größte Wunder und Geschenk meines, unseres Lebens! In der Rolle als Mama und Papa steckt so viel mehr Wachstum und Chance zur Änderung wie in keiner anderen.

 

Hier kommt vermutlich einer der intimsten Blogposts, aber ich glaube, wenn ich das mit euch teile, kann ich die ein oder andere Mama/Papa(? ;-) ) - vielleicht auch andere, die einiges über Persönlichkeitsentwicklung lernen und ändern möchten ;-) - ermutigen und stärken.

 

Das letzte Jahr war nicht immer nur Friede, Freude, Eierkuchen. Ich hatte Phasen in denen es mir psychisch und zum Teil auch körperlich nicht gut ging. Nach und nach finde ich die Gründe dafür und weiß, dass ich als Mutter der Schlüssel der Harmonie in der Familie bin. Nur, wenn ich ausgeglichen, liebevoll zu mir und der Umwelt bin, respektvoll und achtsam mit mir und anderen umgehe, dann sind auch Marcus und Paul viel zufriedener und ausgeglichener. Deswegen wurde es Zeit das, was ich bereits vor einigen Jahren begonnen hatte endlich fortzuführen.

 

Warum ich euch das erzähle? Weil ich denke, dass es dem ein oder anderen ähnlich geht wie mir.

 

Wer mich noch aus der Kindheit, Jugend und ja sogar noch jungem Erwachsenenalter kennt, kennt mich als ruhig, still, schüchtern, mit wenig Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen, harmoniebedürftig und irgendwie oft unnahbar und verschlossen - natürlich gab es auch andere Situationen vor allem in der Jugend, in der ich rebellisch und aufbrausend war - auch in der Schule eher negativ auffallend - so war man wenigstens nicht „unsichtbar". Aber je älter ich wurde, desto ruhiger wurde ich wieder. Sogar im Studium bekam ich noch oft den Satz zu hören - „Echt, du studierst schon immer hier bei uns- dich habe ich hier noch nie gesehen!“ Ich habe mich selten getraut meine Meinung zu sagen, in kleinen Gruppen und unter vertrauten Menschen ging das, aber vor einer breiten Masse oder Menschen die irgendwie gefühlsmäßig in der Hierarchieebene über mir zu stehen schienen, ging das nicht - zu mir und meiner Meinung zu stehen, nein das hätte ich im Leben nicht gekonnt.

 

Doch vor ein paar Jahren habe ich begonnen, das ein wenig aufzuarbeiten. Ich habe durch die Fotografie und die Selbstständigkeit sehr viel mehr an Selbstbewusstsein gewonnen, weil ich gemerkt habe, wow, da gibt es etwas, das ich richtig gut kann und dazu überzeuge ich noch die Menschen mit meiner Art bzw. ist mein Umgang mit anderen ein nicht zu verachtender Teil des Erfolgs. Ich habe noch nie so viele liebe Worte in meinem Leben gehört. So viele Menschen, die das interessierte, was ich zu sagen hatte, ich, die kleine Casey, die doch so selten vor anderen über sich sprechen wollte :D

 

Leider hatte ich nach Marcus beginnenden gesundheitlichen Schwierigkeiten und meiner Schwangerschaft kaum noch Zeit mich mit mir zu beschäftigen - bzw. ganz ehrlich, ich glaube es gab in mir einen Teil, der das in dem Moment einfach abgelehnt hat und einfach nicht wollte. Denn Persönlichkeitsentwicklung ist ein hartes Stück Arbeit. Es braucht ganz viel Disziplin, Liebe für sich selbst und am schwierigsten ist der Kampf gegen das eigene Ego. Denn unser Ego möchte immer Recht haben (es möchte keine Veränderung im Innen und Außen) - und so kehren wir oft in alte Verhaltensmuster zurück.

 

Ja so ging es mir, als Paul ungefähr ein halbes Jahr alt wurde. Ich war schlichtweg überfordert mit meiner Arbeit (volle Hochzeitssaison), Paul, den Ratschlägen von außen und den immer wiederkehrenden Ängsten in allem zu versagen. In diesen Gedanken war ich so gefangen, dass ich die Realität schwer erkennen konnte und mich immer mehr eingeigelt habe.

 

Vor ein paar Monaten habe ich endlich wieder damit begonnen mich "auf die Reise zu mir“ zu begeben, das größte Geschenk was man sich selbst machen kann!!!! Denn ich habe reflektieren können, dass es so nicht weitergehen konnte und auch, dass ich soooooo viel an mein Kind weitergeben möchte, dafür benötige ich all meine Kräfte und auch das Verständnis für mich, meine Kindheit, Jugend, Gedanken, Gefühle, Glaubenssätze und Werte, um somit all meine Ziele und Wünsche vor allem in der „Erziehung" erreichen zu können.

 

Ich konnte hier in den letzten Wochen soooo viel wachsen, Selbstvertrauen und ja auch Selbstliebe gewinnen und das „nur“ weil dieser kleine besondere Mensch in meinen Armen mich wachgerüttelt hat. Er braucht mich, er braucht eine Mama die sich gegen alle Ratschläge und Hindernisse vor ihn stellt und ihm etwas beibringt, was die meisten von uns nicht gelernt haben!!! - ACHTSAMKEIT, SELBSTLIEBE und SELBSTVERTRAUEN - Achtung, damit meine ich kein gespieltes, nach außen gezeigtes und für die gesellschaftlichen Erwartungen gespieltes Selbstvertrauen, nein, ich meine ganz tief in einem verwurzeltes Selbstvertrauen - ein gesundes Urvertrauen, zu sich und der Welt. Und diesen Weg zu gehen wird mich noch viel, viel Vertrauen in mich kosten. Auch Kraft, um zu meinen Werten und Meinungen auch vor einer breiten Masse im Außen stehen zu können und Ärger mit anderen Menschen (obwohl ich so unglaublich darauf bedacht bin, ständig jedem gefallen zu wollen) kosten. Aber mein WARUM - Paul und die Liebe, ihm das alles beibringen zu wollen sind so viel stärker als die Angst vor dem Außen.

 

Ich möchte, dass er weiß, dass er vor allem zu Hause jedes Gefühl und jeden Gedanken ausleben und -drücken darf. Er soll von Beginn an lernen, dass jedes Gefühl in Ordnung ist und er es zulassen darf. Wir ihn nie wegen etwas verurteilen werden. Er darf all seine Liebe, Fröhlichkeit, Energie, Abenteuerlust, aber auch seine Verletzlichkeit, seine sehr große Feinfühligkeit und Sensibilität, ja auch mal Wut und Trauer in vollen Zügen ausleben und zeigen. Wir werden ihn unterstützen all diese Dinge auch im Außen zeigen zu dürfen. Ihm von Beginn an durch unser Handeln zu zeigen, dass er niemals alleine ist, dass er Fehler machen darf und wir ihn immer mit offenen Armen empfangen, wenn er uns braucht. Er soll wissen, dass er über ABSOLUT ALLES mit uns sprechen kann, sich nie schämen muss und er mit absoluter Sicherheit darauf setzen kann, dass wir ihm immer auf Augenhöhe begegnen, ihn unterstützen und ermutigen, dass wir seine Meinung und seinen Willen hören und versuchen so gut wir können zu berücksichtigen.

 

Deshalb habe ich durch aufarbeiten meiner Geschichte gelernt, zu mir und diesen Werten (die eigenen Werte muss man erst einmal kennen und definieren) zu stehen. Auch in der Öffentlichkeit. Ich werde es noch weiter lernen müssen, diese auch 100 % zu verteidigen - selbstverständlich, werde ich die ein oder andere Meinung von außen überdenken, schauen ob ich sie für uns passend gestalten kann, dass soll nie heißen, dass ich keine Kritik oder Änderungsvorschläge annehme. Nein, aber es heißt, ich werde mich nicht mehr verunsichern lassen. Ich werde ab jetzt endlich dazu stehen, dass mein Kind so viel getragen und gestillt wird wie er es noch möchte. Ich stehe dazu, dass er so lange er mich nachts braucht, weil er immer wieder unruhige Phasen hat, neben ihm liegen werde. Ich stehe zu ihm, wenn er länger benötigt als andere, volle Mahlzeiten zu essen. Ich werde für ihn einstehen, wenn er Dinge nicht möchte. Ich werde ihn unterstützen und andere darauf aufmerksam machen, dass ich nicht möchte, dass man ihm Dinge sagt wie „Du bist doch kein Mädchen!“ - Doch er darf weinen, wann immer ihm danach ist. Ich werde mein Bestes geben, ihn bei jeder noch so kleinen Verletzung nicht mit dem Gefühl zu strafen: „Komm, das war doch nicht so schlimm!" - Doch, er weint, also ist es für ihn genau in diesem Moment schlimm und es ist meine Aufgabe ihn einfach in den Arm zu nehmen und zu begleiten. Mal ehrlich, wie oft haben wir den Satz gehört, oder ihn gar selbst über die Lippen gebracht - auch wenn er nur „schmerzlindernd“ gemeint ist: „Macht nichts, das war doch nicht schlimm - es ist nichts passiert." Wenn wir uns über die Bedeutung dieser Aussage Gedanken machen und uns dabei zur Perspektivübernahme in das Kind versetzen, welches für sich gerade den Grund sieht zu weinen und damit zum Ausdruck zu bringen, dass es eben doch schlimm war, dann erreichen wir genau das Gegenteil von dem, was wir mit dem Satz erreichen wollen - wir geben unserem Kind das Gefühl, dass seine Gefühle in dem Moment falsch sind und es nicht wichtig oder gar richtig ist, genau jetzt in dem Moment zu weinen. Der Satz „Mir hat es doch auch nicht geschadet?“ ist für mich auch sehr schwierig zu verstehen, denn viele von uns beschäftigen sich gar nicht mit ihren „Wunden“ und „Situationen der Kindheit“ die sie vielleicht doch gerne anders erlebt hätten, deshalb möchte ich hier zum Nachdenken anregen ;-)

 

Wie soll ein Kind damit Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein und Achtsamkeit im Umgang mit sich und anderen lernen?

 

Ich werde zu mir und meinen Werten stehen, auch wenn ich immer und immer wieder gesagt bekommen werde, „der tanzt euch doch auf der Nase rum“. - Lasst euch gesagt sein, diese Phase hat absolut JEDES Kind und wenn wir es schaffen unsere Kinder liebevoll, mit Respekt, Gehör und Verständnis da durch zu begleiten, indem wir kompromissbereit bleiben und ihnen Dinge erklären, dann wird auf lange Sicht kein Kind seinen Eltern auf der Nase rumtanzen, sondern einfach wissen, wie man Kommunikation, Respekt und Kompromissbereitschaft lernt. Sie werden ein Gefühl für sich bekommen, können sich und ihrem Umfeld blind vertrauen und so auch mit einer großen Sicherheit im Alter nach links und rechts schauen, wie es den Menschen um sie herum geht. Kinder lernen durch nachahmen und imitieren und nicht durch Kontrolle, Macht und künstliche Autorität (Autorität muss natürlich sein, aber keine künstliche „Macht").

 

Wir machen uns keine Illusion, wir haben ein gefühlsstarkes Kind und wir werden Momente erleben, in denen Paul im Supermarkt zusammenbricht, weil es gerade nicht so läuft, wie er es sich wünscht und ja, wir werden uns daneben setzen, ihn in den Arm nehmen und trösten und ihm später alles in Ruhe erklären, warum er so reagiert hat und was hier der Auslöser für seine große Wut war. Wir werden nicht schreien, ihn in so einer Situation alleine stehen lassen oder gar zur Kasse zerren. Auch das mag für viele in dem Moment ein merkwürdiger Anblick werden, aber das ist genau das, was ein kleiner Mensch (Kinder sind kleine Menschen und eben nicht NUR Kinder), verdient hat und genau dann lehrt man in meinen Augen einen respektvollen und unterstützenden Umgang miteinander. Ein ausflippendes Kind im Supermarkt oder auf dem Spielplatz ist weder ungezogen, noch frech, noch tanzt er auf der Nase seiner Eltern herum, sondern es tritt irgendein Ereignis ein, mit dem das Kind in dem Moment nicht umgehen kann und deswegen bricht seine kleine Welt zusammen. Unsere Aufgabe ist es in dem Moment unser Kind durch diesen Moment zu begleiten, ihm auch da beizustehen und es nicht anzubrüllen und durch die Gegend zu zerren, nur weil der Moment vielleicht gerade nicht zu den angenehmsten Situationen des Elternseins gehört.

 

Auch das Wörtchen Nein, versuchen wir nicht zu häufig zu verwenden, sondern wirklich nur, wenn er Grenzen überschreitet, wie z.B. hauen. Lasst euch gesagt sein, er hört jetzt schon darauf und weiß genau, was er darf und was nicht. So sind z.B. Situationen wie mit dem Essen spielen, Spielzeug werfen (so lange auf keine Person), Pampers nicht anziehen wollen und dabei immer und immer wieder wegzukrabbeln :D etc. für mich keine Situation, in der er ein Nein hören muss - meiner Meinung nach bremst das schon jetzt die Entwicklung und freie Entfaltung der Kleinen, wenn sie ständig Verboten ausgesetzt sind. So ist mir meine Variante dieses Wort selten zu verwenden und zu wissen, dass er sie verstanden hat lieber - und selbst hier können wir sehr sensibel und mit ganz viel Verständnis für ihn darauf reagieren, denn schon jetzt weiß er, dass ein Nein bedeutet, er hat etwas „falsch“ gemacht (denn er reagiert hier mit einem traurigen Weinen - und nimmt uns ganz fest in den Arm), weswegen er es wirklich nur gesagt bekommt, wenn er wirklich 100 % etwas gemacht hat, was ihm gefährlich werden könnte oder persönliche Grenzen anderer überschreitet.

 

Kinder können nicht zu viel Liebe oder Zuneigung bekommen!!!! Nein man muss sie niemals mit Entzug dieser elementaren Verhalten strafen! Ein Kind soll sich die Liebe nicht verdienen müssen, es soll bedingungslos geliebt werden. Ein Kind ist nicht da, um unsere Erwartungen zu erfüllen und erst recht nicht, um UNS glücklich zu machen.

 

Naja über das Thema könnte ich noch Stunden schreiben :D aber auf was ich hinaus wollte, spätestens ein Kind sollte uns die Augen öffnen sich mit all diesen Themen aus unserer Kindheit, Jugend, unseren Gedanken, Gefühlen, Glaubenssätzen und Werten zu beschäftigen und diese aufzuarbeiten, um so viel reflektierter im Umgang miteinander sein zu können und vielleicht auch nicht ungefiltert Erziehungsmethoden zu übernehmen, hinter dessen Werten wir nicht stehen, mit der Aussage. „Mir hat es ja auch nicht geschadet - aus mir ist auch was geworden.“

 

Wie gesagt meine Worte sind Anregungen und kein Verurteilen, wenn es anders gelebt wird. Ich möchte nur auf manches aufmerksam machen und so dazu beitragen, dass man sein eigenes Verhalten immer wieder reflektiert und schaut möchte ich diese Situation oder die Erziehungsmethode genau so, oder folge ich hier nicht 100 % meinen Werten und vor allem meinem Herzen.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0